Stark im Aufwind

Der Zukunftsmarkt Windenergie bietet exzellente Karrierechancen für Ingenieure


Branche mit goldener Zukunft

Selten hat es in der wirtschaftlichen Entwicklung Deutschlands eine solche Erfolgsstory gegeben: Die Erforschung und Nutzung erneuerbarer Energien wie Sonne, Wasser, Wind, Biomasse und Erdwärme schreitet in einem Tempo voran, das selbst Experten staunen lässt.

Was vor zwanzig Jahren als verschrobene Idee einiger Öko-Freaks begann, hat sich zu einem rasant wachsenden Zukunftsmarkt entwickelt, der außerdem noch die einhellige Zustimmung von Politik und Gesellschaft erhält. Paradiesische Zustände also für Investoren und Ingenieure, die sich auf regenerative Energien spezialisieren.

Mit dem Entschluss, aus der Atomenergie auszusteigen und die Stromgewinnung aus erneuerbaren Energien forciert auszubauen und zu nutzen, hat die Bundesrepublik Deutschland einen Meilenstein in der Energiepolitik gesetzt. Das Gesetz für den Vorrang Erneuerbarer Energien (EEG) sorgt dabei für die entsprechende Rechtssicherheit. Bis zum Jahr 2010 soll der Anteil regenerativer Energien an der Stromversorgung von heute 8% mindestens verdoppelt werden.

Das Europäische Parlament und die EU-Kommission wollen in ihren fünfzehn Mitgliedsstaaten einen Anteil von 22% erreichen und Dänemark strebt das ehrgeizige Ziel an, bis zum Jahr 2030 die Hälfte des landesweit benötigten Stroms allein aus Windkraft zu erzeugen. Schon heute ist in Dänemark die Windenergie-Industrie die drittgrößte Exportbranche und hat bereits die traditionelle Fischerei-Industrie überholt.

In der Bundesrepublik Deutschland beträgt der Anteil der Windkraft an der gesamten Stromerzeugung heute 2,5%. Mehr als 9400 Windenergieanlagen mit zusammen 6400 Megawatt installierter Leistung produzieren Strom vor allem in den Küstengebieten, aber auch im Binnenland mit kräftig steigender Tendenz. Immer leistungsstärkere Anlagen werden entwickelt und ab 2003 auch off-shore, d.h. auf offener See, installiert. Gerade für diese Phase benötigt die Branche Ingenieure “ohne Ende”. Schon jetzt sind in der Windenergie-Branche mehr als 35.000 Menschen beschäftigt. Da die jährlichen Zuwachsraten der Windanlagen-Hersteller zum Teil 20% betragen, ist der Arbeitskräftebedarf enorm.

Qualifizierte Ingenieure werden schon heute händeringend gesucht und es zeichnet sich bereits ein massiver Fachkräftemangel in naher Zukunft ab. Nach Schätzungen des Bundesverbandes Erneuerbarer Energien (BEE) werden in den nächsten zehn Jahren 100.000 bis 200.000 Fachkräfte benötigt. Obwohl die Hoch- und Fachhochschulen mit entsprechenden Studiengängen sehr schnell auf die Bedürfnisse des Arbeitsmarktes reagiert haben, können sie nicht in dem gleichen Tempo Ingenieure ausbilden, wie die Branche wächst. Pro Jahr werden 13.000 Ingenieure benötigt, aber nur 8.000 schließen in dieser Zeit ihr Studium ab und werden zumeist gleich von der Uni weg engagiert. Riesen-Karrierechancen und rosige Zukunftsaussichten also für junge Energie-Spezialisten.


Wie kann man sich spezialisieren?

An 53 spezialisierten Lehrstühlen und Instituten können sich Studenten mit regenerativen Energien beschäftigen. Dabei ist die Windenergie in sehr unterschiedliche Fachbereiche eingebunden. Einige Hochschulen halten Lehrveranstaltungen im Rahmen des Studiums der Luft- und Raumfahrttechnik ab, bei anderen zählen regenerative Energien zur Elektrotechnik oder zum Fach Maschinenbau. Nach dem “Oldenburger Modell” ist die Windenergie in den Diplomstudiengang Physik eingebunden und kann als Hauptstudiumsfach und Wahlthema für die Diplomarbeit ausgesucht werden. In Oldenburg wird auch der postgraduierte Master-Studiengang “Erneuerbare Energien” angeboten, der komplett auf Englisch abgehalten wird, jährlich aber nur 16 Interessenten offensteht.

An der Fachhochschule Bielefeld ist der Studiengang “Erneuerbare Energien” innerhalb des Elektroingenieurstudiums angesiedelt. Die FH Bielefeld bietet außerdem einen interdisziplinären Studiengang “Energiewirtschaft” an. Die Studieninhalte bestehen zu 30% aus Mathematik und Naturwissenschaften, zu 30% aus Energietechnik, Energiewirtschaft und Energiepolitik und zu 40% aus Marketing, Betriebswirtschaft u.a. Vergleichbare Studienmöglichkeiten gibt es an der Fachhochschule Wilhelmshaven. Dort ist der Schwerpunkt Windkrafttechnik explizit in den Studiengang Energiewirtschaft integriert.Die FH Flensburg bietet den sehr praxisorientierten Studienschwerpunkt “Regenerative Energietechnik” in den Studiengängen Elektrotechnik und Maschinenbau an. Auf dem Vormarsch sind auch die Hochschulen in den neuen Bundesländern. So stehen auf dem Lehrplan der Hochschule Zwickau sechs verschiedene Studienangebote zum Thema erneuerbare Energien in den Fachbereichen Elektrotechnik, Maschinenbau und Physikalische Technik/Informatik.

Wer wissen möchte, welche Hochschule Studiengänge zum Thema “regenerative Energien” anbietet, bei welchem Fachbereich das Thema angesiedelt ist, wie viele Absolventen der Fachbereich bereits hervorgebracht hat und wer an der Hochschule als Kontaktperson für Interessenten bereitsteht, findet alle notwendigen Informationen im Internet unter der Homepage des Bundesverbandes WindEnergie e.V.: www.wind-energie.de/suchen-und-finden/suchen.htm.

Eine komplette Liste mit Links zu den Forschungs- und Ausbildungseinrichtungen für regenerative Energien auch unter der Web-Site: http://windmesse.de/fezs-forschung.html.

Alle Hoch- und Fachhochschulen schätzen die beruflichen Perspektiven ihrer Absolventen in der wachsenden Branche der regenerativen Energien als hervorragend ein. Vor allem für Fachhochschulabsolventen bieten sich hier ausgezeichnete Jobmöglichkeiten. Windkraftexperten dringend gesucht

Der Bundesverband Erneuerbarer Energien rechnet damit, dass sich die Zahl der Fachkräfte in den nächsten zehn Jahren mindestens verdreifachen wird. Spezialisten werden für alle Bereiche der regenerativen Energiewirtschaft gesucht - vom Projektentwickler bis zum Computerspezialisten. Aber: Obwohl die Unternehmen schon heute um Studienabsolventen buhlen, wird sich wohl kein Jungingenieur ohne Fachwissen und dezidierte “soft skills” auf Dauer durchsetzen können. Es empfiehlt sich unbedingt, neben einem ausgezeichneten Fachwissen, notfalls “auf eigene Faust” Kenntnisse in Betriebswirtschaft, Marketing und Business English zu erwerben. So gerüstet, kann eine Karriere eigentlich nicht mehr verhindert werden.

Im Bereich Windenergie sind Ingenieure und Wirtschaftsingenieure in drei großen Tätigkeitsfeldern aktiv:

Forschung und Entwicklung
Hier arbeiten Ingenieure und Techniker vor allem aus den Bereichen Maschinenbau, Luft- und Raumfahrttechnik, Elektrotechnik, Werkstoffwissenschaften und Getriebeentwicklung, aber auch Bauingenieure. Sie entwickeln und konstruieren Rotorblätter für Windenergieanlagen, die dazugehörigen Getriebe und Stahl- oder Betontürme, auf die die Rotoren aufmontiert werden.

Vertrieb
Weltweit gibt es eine starke Nachfrage nach Windkraftanlagen. Vertriebsleute, die ein ausgeprägtes technologisches Fachwissen haben, um die komplizierte Technologie erklären zu können und gleichzeitig kaufmännisches Denken mitbringen, können hier eine steile Karriere machen. Sie sind verantwortlich für den Verkauf von Windenergie-Anlagen sowie den Aufbau und die Pflege von Kontakten zu Kunden und Entscheidungsträgern. Zudem sind sie an der Planung, Koordination und Betreuung von Windenergieanlagen beteiligt, erstellen Wirtschaftlichkeitsanalysen, verhandeln über Verträge und kümmern sich um den After-Sales-Service. Eine Vertriebstätigkeit in diesem Bereich ist sehr anspruchsvoll und erfordert Geschick im Umgang mit Menschen, Verhandlungsgeschick, Selbstständigkeit, ein sicheres Auftreten und die Bereitschaft zur Mobilität.

Projektentwicklung
Die Aufgabenschwerpunkte eines Projektentwicklers liegen in der Planung, Koordination und Betreuung von Windenergieprojekten bis hin zu großen Windparks.
Der Projektentwickler ist zuständig für die Analyse potenzieller Standorte einschließlich der Kontrolle von Bau- und Bodengutachten. Er akquiriert geeignete Flächen, verhandelt mit den Grundstückseigentümern und arbeitet zusammen mit den entsprechenden Genehmigungsbehörden. Von der Vergabe des Fundamentbaus über die Einrichtung der Baustelle, die Produktion und Anlieferung der Anlage bis zur Endmontage und Inbetriebnahme koordiniert er das gesamte Projekt und kümmert sich um jedes Detail. Auch dieser Arbeitsbereich ist äußerst anspruchsvoll, vertriebsorientiert und erfordert ein hohes Maß an Belastbarkeit, Kontaktstärke und ebenfalls die Bereitschaft zur Mobilität.


Beste Karriereaussichten - Spitzengehälter

Die Branche ist stark im Aufwind, die Auftragsbücher sind prall gefüllt. Das sind gute Aussichten für sichere und krisenfeste Arbeitsplätze. Die Aufgaben sind vielseitig und spannend - zudem sind die meisten Hersteller international ausgerichtet, so dass niemand befürchten muß, sich in einem Dorf an der Nordseeküste langweilen zu müssen. Da es sich bei der Entwicklung und Nutzung regenerativer Energien um ein Wachstumssegment handelt, werden auf weite Sicht Fachkräfte für alle Bereiche dringend gesucht. Die Branche lockt die noch immer verhältnismäßig kleine Zahl von Studienabsolventen mit “Extrabonbons”. So bekommen 70 bis 80% eine zusätzliche betriebliche Altersversorgung oder eine auf den Arbeitnehmer abgeschlossene Lebensversicherung. Häufig gibt es neben dem fixen Grundgehalt einen variablen Gehaltsanteil, der an das Erreichen von Unternehmenszielen gekoppelt ist. Eine gute Idee, denn wer am Erfolg des Unternehmens auch finanziell beteiligt wird, hat mehr Interesse und Spaß, sich richtig einzusetzen.
Nach einer Vergütungsstudie der Kienbaum Unternehmensberatung werden in der Branche ohnehin Spitzengehälter gezahlt. Die hohe Nachfrage nach Spezialisten macht’s möglich: Kleinere Unternehmen mit bis zu 250 Beschäftigten zahlen 73.000 – 90.000 € Jahresgehalt, bei den Großen der Branche mit über 5.000 Mitarbeitern kann man pro Jahr sogar 104.000 – 140.000 € verdienen. Das ist nicht schlecht für eine junge Branche und junge Teams: Das Durchschnittsalter der hier tätigen Ingenieure liegt bei 34 Jahren.


Fazit:

Nach dem Einbruch in der IT-Branche gibt es wohl keinen Technologiebereich, der sich so rasant entwickelt wie die regenerative Energiewirtschaft. Noch ist die Nachfrage nach Energiefachleuten sehr viel höher als das Angebot und daran wird sich so bald auch nichts ändern (können). Studenten, die umsichtig und vorausschauend ihre Ausbildung planen und nach den Erfordernissen ausrichten, gehen einer rosigen beruflichen Zukunft entgegen.


Autor: Dr. Melanie Thielking