Blindleistungskompensation mit feinstufiger Regelung


Zunehmender industrieller Energiebedarf führt derzeit zu einer Optimierung der Energieübertragung durch die Elektroenergieversorgungsunternehmen. Ein wichtiger Punkt dabei ist die Betrachtung der Zusammensetzung der vom EVU zum Verbraucher übertragenen Scheinleistung, die sich vektoriell aus der Wirk- und der Blindleistung zusammensetzt. Der Cosinus des Winkels zwischen der Scheinleistung und der Wirkleistung ist der Leistungsfaktor. Die vom Wirkstrom verursachte Wirkleistung wird im Verbraucher genutzt oder in andere nutzbare Energieformen umgewandelt. Die vom Blindstrom erzeugte Blindleistung kann nicht genutzt werden. Diese Leistung bewirkt u. a. den Aufbau von Magnetfeldern. Der Blindstrom verursacht jedoch zusätzliche Spannungsabfälle und damit Stromwärmeverluste und belastet so Generatoren, Transformatoren und Leitungen. Die EVUs legen minimal zulässige Leistungsfaktoren fest und berechnen erhebliche Zusatzgebühren bei Unterschreitung dieser Vorgaben.

Blindleistungskompensation

Abhilfe schafft hier die Entnahme der Blindleistung (QC) aus Kondensatoren. Dann muß die Blindleistung (Q1) nicht von den Generatoren bereitgestellt und über die Stromwege des EVUs übertragen werden. Mit der Verkleinerung des Phasenwinkels von Phi1 auf Phi2 verbessert sich der Leistungsfaktor. Die Kondensatoren werden zweckmäßigerweise in der Nähe der größten Blindleistungsverbraucher in der Anlage aufgestellt. Nach der Kompensation werden die betroffenen Stromübertragungswege nur noch mit dem Blindstrom der Blindleistung Q2 belastet.

picture power vectors


Abbildung 1

Die erforderliche Kondensatorblindleistung ergibt sich gemäß dem Zeigerbild (Abbildung1) aus dem Produkt der Wirkleistung P mit der Differenz zwischen dem Tangens des Phasenwinkels vor der Kompensation Phi1 und dem Tangens des gewünschten Phasenwinkels Phi2.

QC = P * (tan Phi1 - tan Phi2)

Oberschwingungsproblematik

Wenn in Energienetzen der Anteil der nichtlinearen Lasten (z. B. Stromrichter) größer als 10 -15% wird, dann entstehen Oberschwingungen, deren Frequenz ein Vielfaches der Sinus-Grundschwingung ist. Die Netzimpedanz und die Kompensationskondensatoren bilden einen Parallelschwingkreis, dessen Resonanzfrequenz für die Oberschwingungsströme einen erhöhten Widerstand bildet. Dieser Vorgang führt zu einem erhöhten Oberschwingungsspannungsabfall und damit zu Ausgleichsströmen zwischen dem Netz und den Kondensatoren, was zu deren Überlastung führen kann.

Hier schafft die Reihenschaltung einer Drosselspule zum Kompensationskondensator Abhilfe. Eine so verdrosselte Kondensatorbatterie weist eine Reihenresonanzfrequenz auf, die auf die Oberschwingungsfrequenz abgestimmt ist und die Parallelresonanzstelle in unkritische Bereiche verschiebt. Die Reihenresonanzkreise können beispielsweise mit den Informationen, die eine Netzanalyse liefert auf die kritischen Oberschwingungsfrequenzen abgestimmt werden.

Kompensationsanlagen

Anlagen zur Kompensation von induktiver Blindleistung sind in den verschiedensten Ausführungen und Leistungsbereichen verfügbar. Im Allgemeinen genügen diese Anlagen folgendem Prinzipschaltbild (Abbildung 2).

picture compensation principle


Abbildung 2

Eine mikroprozessorgesteuerte Regeleinheit (1) erfaßt die Phasenlage von Strom und Spannung und vergleicht diese mit einem einstellbaren Ziel-Leistungsfaktor. Je nach Abweichung von Soll und Ist wird ein Schaltschema ermittelt, das aus der zur Kompensation notwendigen Kapazität resultiert. Diese Schaltmatrix wird an die Schalteinheit (2) übermittelt. Im Prinzipschaltbild wird nur ein Strom und eine Spannung gemessen. Diese Variante ist ausreichend für Drehstromnetze mit genügend symmetrischen Verhältnissen und bei andauernden leichten Unsymmetrien, wenn dabei die Phase mit dem kleinsten Leistungsfaktor meßtechnisch erfaßt wird. Bei wechselnden Unsymmetrien ist eine Abwandlung dieses Schaltbilds angeraten, wobei die Phasenlage in jeder Phase einzeln ermittelt und kompensiert wird.

Die Schalteinheit (2) empfängt die Befehle der Steuereinheit und realisiert die Verbindung der Kondensatorbatterie (3) mit dem Elektroenergienetz. Standardlösungen verwenden hier Schützschaltungen. Bei hohen Schalthäufigkeiten, wie sie etwa bei wechselndem Lastbedarf oder genauer Leistungsfaktoranpassung mittels multipler Stufung der Kondensatorwerte auftreten, verschleißen die Schaltkontakte relativ schnell. In diesem Fall werden Thyristoren oder Triacs als Schaltelemente eingesetzt.

Die Kondensatorbatterie (3) ist nach der zu kompensierenden Blindleistung bemessen. Mehrere Kondensatordreieckschaltungen sind von den Werten her so gestaffelt, daß mit der Schaltung von verschiedenen Kondensatoranordnungen eine Stufung mit gleicher Schrittweite erreicht wird. Die Kondensatoren, die in der selbstheilenden MKP-Technologie gefertigt sind, besitzen Entladewiderstände. Wenn die Entladung besonders schnell erfolgen muß, beispielsweise bei mehreren Abgleichen pro Minute, dann kommen auch Entladedrosseln zum Einsatz. Mit diesen Maßnahmen wird gewährleistet, daß die Spannung an den Kondensatoren beim erneuten Zuschalten auf einen für die Schaltelemente verträglichen Wert gesunken ist.

Die genannten drei Hauptelemente einer Blindleistungskompensationsanlage sind je nach Ausführung bis 300 kVar als Einzelgerät in Schrankform oder kundenspezifisch in einen Schaltschrank integriert verfügbar. Für hohe Anforderungen an die Genauigkeit und Schnelligkeit der Anpassung der Kondensatorleistung an die jeweils benötigt Blindleistung stehen auch Geräte mit etwa 32-stufig-schaltbarer Kondensatorbatterie im unteren Leistungsbereich bei 50 kVar als Zentralkompensation zur Verfügung.



Quelle:
Bajong GmbH