1.
Die allermeisten WKA arbeiten zur Stromgewinnung mit Asynchron-Generatoren
(wahrscheinlich ca. 99%). Das sind Maschinen, welche entweder
als Motor oder als Generator betrieben werden können. Der
Grund ist einfach: Die Asynchron-Maschine selbst ist außer
ihrer Lagerung im Prinzip wartungsfrei und günstig in der
massenweisen Herstellung. Sie hat jedoch einen Nachteil:
In beiden Fällen, für den Motor- wie auch für den Generatorbetrieb,
benötigt sie zum Aufbau ihres elektro-magnetischen Feldes
Erregerstrom, den sie selbst nicht erzeugen kann. Das können
aber die Synchron-Maschinen
der konventionellen Großkraftwerke - und von dort beziehen
die Elektromotoren in Industrie, Gewerbe und Haushalt ihren
Erregerstrom. Dieser Erregerstrom (= phys. Begriff) heißt
im Elektriker-Fachjargon Magnetisierungsstrom oder bei den
meisten schlicht "Blindstrom". Dreh- und Wechselstrom-Motoren,
vom Kühlschrank im Haushalt über Baukräne bis zu Schwerantrieben
in der Industrie, beziehen neben ihrer Wirkleistung aus
dem Netz, welche sie in mechanische Dreharbeit umwandeln,
über den Blindstrom also auch noch Blindleistung, welche
von den Energieversorgungsunternehmen erst ab einer gewissen
Höhe extra berechnet wird (bei Industrie und Gewerbe ist
das vertragsabhängig, bei Haushalten inbegriffen). Und wie
ist das bei den WKA-Asynchrongeneratoren für die Netzeinspeisung?
Während Elektromotoren die elektrische Energie in Bewegungsenergie
umwandeln, nutzen Generatoren der WKA die Bewegungsenergie
des Windes, um elektrische Energie zu erzeugen. Aus konstruktionsbedingten
Gründen können sie aber den für sie notwendigen Magnetisierungsstrom
(Blindstrom) selbst nicht erzeugen und sind daher auf mitlaufende
Kraftwerke angewiesen.
Wird
also ein Großkraftwerk - in dessen Speisebereich sich
WKA befinden - abgeschaltet, dann erhalten diese keinen
Magnetisierungsstrom mehr und können somit auch die Bewegungsenergie
des Windes nicht weiter in elektrischen Strom umwandeln
- auch wenn der Wind unverändert weht und die Rotoren
antreibt. In diesem Fall müssen die Rotoren sogar abgebremst
werden. Ergo 1: Fällt das Großkraftwerk störungsbedingt
aus, dann gehen bei uns die Lichter aus und alle Räder
stehen still - auch wenn der Wind die Rotoren weiterdrehen
will. Denn ohne "Blindstrom" vom Großkraftwerk können
WKA keine einzige Kilowattstunde (kWh) ersatzweise ins
Netz speisen. Da wir jedoch in der Vergangenheit eine
gesicherte Stromversorgung aufgebaut haben, gehen die
Lichter in den meisten Fällen gleich wieder an und die
WKA können auch gleich wieder Strom produzieren, denn
Leitstellen im Netz sorgen mittels anderen Großkaftwerken
für eine ausreichende Ersatzleistung mit entsprechenden
Netzumschaltungen im Störungsfall. Ergo 2: Viele Windkraftanlagen
können kein Großkraftwerk ersetzen - sie brauchen es.
Deshalb werden unter Fachleuten
die WKA auch als "additive" Spannungsquellen im Netz der
elektrischen Energieversorgung bezeichnet. Auf eine Einzelanwendung
bezogen hat dies einen Vorteil: Sie verursachen weder
Abnutzung noch Leerlaufverluste wenn der Wind ruht, weil
sie dann stehen. Großkraftwerke müssen aber im Dauerbetrieb
arbeiten, weil niemand seinen Stromverbrauch "anmeldet".
Außerdem müssen sie erhebliche Kompensationsleistungen
für den Betrieb des deutschen/europäischen Verbundnetzes
bereitstellen, damit die sogenannte "Durchleitung von
Strom" überhaupt funktionieren kann. Auch dafür sind WKA
ungeeignet.
Erst bei der massenweisen Anwendung
von additiven Strom/Spannungsquellen (WKA, Photovoltaikanlagen)
wird es für Betreiber von Großkraftwerken problematisch
und kostenträchtig: Nach den Vorstellungen politischer
Kreise sollen WKA-Betreiber den Strom für die Verbraucher
liefern - wenn der Wind weht - statt die herkömmlichen
Betreiber, welche dann nur noch den weniger lukrativen
Leerlaufbetrieb und Verbundaufgaben erfüllen müßten. Gemäß
Theorie sollen Großkraftwerke eben nur dann mit voller
Leistung einspringen, wenn es klimatisch bedingt Ausfälle
bei den Regenerativen gibt. Das ergibt eine widersinnige
Situation: Bei WKA entstehen einerseits im Stillstand
keine Leerlaufverluste - gehen sie jedoch in Betrieb und
übernehmen einen Teil der Verbraucherlast von Großkraftwerken,
dann erhöhen sie damit andererseits deren Leerlaufverluste.
Abschalten darf man sie ja nicht, weil Windkraftanlagen
dann - wie oben erläutert - mangels Blindleistung ausfallen.
Bei den Elektrikern werden sie deshalb abschätzig auch
als "parasitäre" Energiewandler bezeichnet. Wären sie
echte Energiewandler, würden die Energieversorger die
keineswegs neuartige Methode - wie die Wasserkraft - seit
Beginn der Elektrifizierung nutzen.
2.
Es gibt einen weiteren Grund, weshalb Windkraftanlagen ohne den gleichzeitigen Betrieb
von Großkraftwerken keinen Strom liefern können: Sie stehen
in konventionellen Speisebereichen, deren Ausdehnung sich
am kundenmäßigen Bedarf (Leistungsdichte) orientiert.
Beispiel: Wird z.B. eine 600 kW-WKA in einen 6 MW-Speisebereich
einer Mittelspannungsleitung installiert und fällt die
Kraftwerkseinspeisung aus, dann steht die 600 kW-Anlage
als Generator mit 6 MW Verbraucherlast alleine da und
ist schlagartig um das 10fache überlastet. Die automatische
Überwachungs-Elektronik (Spannungsfühler) für diesen Überlastungsfall
wird in jede WKA eingebaut: Registriert sie von der zugeordneten
Kraftwerkseinspeisung keine Spannung oder Frequenz mehr,
schaltet sie die WKA unverzüglich ab und bremst sie fest.
Schlußfolgerung: Weil WKA keine eigenen (alternativen)
Speisebereiche nutzen, können sie ersatzweise keinen Strom
liefern, auch dann nicht, wenn man sie mit Synchron-Generatoren
oder Umrichtertechnik ausstatten würde. Deshalb kann man
auch die Billiglösung mit Asynchron-Generatoren wählen.
Fazit
1. WKA-Asynchrongeneratoren benötigen,
um selbst Strom erzeugen zu können, die Dienstleistung
der Synchrongeneratoren großer Wärmekraftwerke: Lieferung
von Blindleistung.
2. WKA
sind in konventionellen Speisebereichen zu schwach, um
bei Ausfall des zugeordneten Kraftwerkes ersatzweise einspringen
oder auch sonst autark die Versorgung im ungeregelten
Verteilernetz übernehmen zu können.
Wilfried Heck, 24.10.1999 |