Ausschnitt aus der RAVEL-Dokumentation "RAVEL im Maschinenbau" Nr. 724.333 D von Rolf Gloor.

Einleitung

Die verschiedenen Elektromotoren wurden vor über 100 Jahren erfunden und haben sich bis heute nicht wesentlich verändert. Die Fortschritte in der Elektronik haben die Möglichkeiten der Antriebstechnik aber stark erweitert. Es gibt eine Vielzahl von unterschiedlichen elektrischen Antriebssystemen. Noch zahlreicher sind deren Bezeichnungen. Die im Maschinenbau gebräuchlichen Antriebe lassen sich in folgende 4 Gruppen einteilen: Kollektor-, Synchron-, Asynchron- und Reluktanzmaschinen. Nach den ergiebigen Energiesparmöglichkeiten des optimalen Maschinensystems, der Ansteuerung und der Dimensionierung liegen noch Potentiale in der Auswahl des richtigen Antriebes. Der Wirkungsgrad eines Motors wird in der Praxis erst bei grösseren Antrieben berücksichtigt, obwohl es sich auch bei kleinen Antrieben, welche eine hohe Betriebsdauer haben, bezahlt macht. In Bezug auf den Wirkungsgrad liegen zwischen den einzelnen Systemen keine riesigen Unterschiede, aber doch lohnende Möglichkeiten. Ein 2,2 kW Antrieb mit 83% statt 78% Wirkungsgrad und 8000 Jahresbetriebsstunden spart 1000 Mark Elektrizitätskosten in 5 Jahren. Dieser Beitrag versucht, die einzelnen Antriebssysteme zu beschreiben, deren Vor- und Nachteile aufzuzeigen und Tips zu geben.

Elektromotor und Verluste

Die technische Grösse eines Motors ist mit dem Abstand (mm) von der Welle zur Auflage definiert. Diese Distanz wird als Baugrösse bezeichnet. Für Asynchronmotoren ist diese Grösse normiert (IEC-Normmotor). Beispiel: Ein Motor der Baugrösse 100 hat einen Durchmesser von 200 mm.

Schnitt durch einen Elektromotor

 

 

Ein Elektromotor besteht im wesentlichen aus folgenden 3 Teilen:

  • Stator: der feststehende elektromechanische Teil
  • Rotor: der rotierende elektromechanische Teil
  • Gehäuse, Lager, Achse und Kühlung

In einem Elektromotor fallen verschiedene Verluste an. Die Verlustleistung muss abgeführt werden, damit sich der Motor nicht überhitzt. Es sind die Verluste (und die zulässige Erwärmung) welche die Grösse eines Motors bestimmen.

Kupferverluste (Stromdichte in den Leitern)

  • durch den Ankerstrombelag für den drehmomentbildenden Strom
  • für die Erregung (Magnetisierungsstrom). Bei einer Erregung mit Permanentmagneten entfallen diese Verluste

Eisenverluste (Qualität des Blechmaterials und der Verarbeitung)

  • Wirbelstromverluste (geblechte Eisenpakete)
  • Ummagnetisierungsverluste (Hysterese)

Zusatzverluste (Konstruktion des Motors)

  • Motorkühlung (Ventilator ...)
  • Reibungsverluste (Lager und Dichtung)
  • Strömungsverluste im Motor (Luftspalt ...)
  • Oberwellenverluste und weitere

Die Verluste entstehen in erster Linie im Kupfer (den elektrischen Leitern) und in zweiter Linie im Eisen (den magnetischen Leitern). Die Verluste steigen quadratisch mit dem abgenommenen Drehmoment bei mehr oder weniger konstanten Leerlaufverlusten.

 

Verlustleistung eines 4 poligen 11 kW Asynchronmotors bei unterschiedlichen Frequenzen und Belastungen

 

 

Je besser die Verlustwärme abgeführt wird, desto mehr Drehmoment und damit auch Leistung kann aus einem Motor herausgeholt werden. Ein hoch ausgenutzter Antrieb hat nicht unbedingt einen besseren Wirkungsgrad.

Die Verluste in einem Elektromotor nehmen weniger stark zu als seine Nennleistung. Je grösser ein Elektromotor ist, desto besser wird sein Wirkungsgrad, wenn seine Nennleistung gebraucht wird.

 

Nenndrehmoment und Nennleistung bei verschiedenen Nenndrehzahlen für einen Motor ohne Ventilator, mit Ventilator und mit Wasserkühlung

 

Der Wirkungsgrad ist das Verhältnis von abgegebener zu aufgenommener Leistung. Der im Datenblatt eines Motors angegebene Wirkungsgrad gilt für den Betrieb bei der Nennleistung (bei Nenndrehzahl). Im Leerlauf oder im Stillstand haben allen Motoren den Wirkungsgrad Null.

 

Wirkungsgrad eines 4 poligen 11 kW Asynchronmotors bei unterschiedlichen Fequenzen und Belastungen

 

 

Der Elektromotor ist nur ein Teil des Antriebssystems, welches aus der elektrischen Ansteuerung, dem Kabel, dem Motor und dem Getriebe besteht.

Eine besondere Beachtung verdient das Getriebe. In den meisten Getriebekatalogen sind keine Angaben über den Wirkungsgrad zu finden. Für eine Zahnradstufe kann je nach Getriebegrösse ein Wirkungsgrad von 94 bis 98% angenommen werden. Dieser Wirkungsgrad bezieht sich aber auf das Nenndrehmoment. Wenn zum Beispiel ein zweistufiges 3 kW, 200 Nm Getriebe bei Nennleistung einen Wirkungsgrad von 91% hat, so ist das Reibungsmoment 20 Nm. Im Teillastbereich bei 50 Nm ist sein Wirkungsgrad nur noch 71%. Schneckengetriebe haben tiefe Wirkungsgrade und verheizen im Teillastbereich mehr Leistung als sie abgeben.

Technische Ausführung von Motoren

Toleranzen: Die elektromechanischen Angaben für einen Motor sind oft nur berechnet und unterliegen wegen der Blechqualität Toleranzen. Es wird eine zulässige Abweichung von ± 10% toleriert. Beispiele: 91% Wirkungsgrad kann 90% bis 92 % sein, 1450 U/min Nenndrehzahl kann bei der Asynchronmaschine zwischen 1445 und 1455 liegen.

Leistungsreduktion: Bei Umgebungstemperaturen über 40 °C und Unterdrücken, welche Höhenlagen von über 1000 m ü.M. entsprechen, muss der Motor deklassiert werden.

Aussetzbetrieb: Ein Motor, welcher oft ein- und ausgeschaltet wird, kann sich mehr als im Dauerbetrieb erwärmen und dadurch ausfallen. Wenn eine Leistung nur für eine kurze Einschaltdauer (innerhalb von 10 Minuten) benötigt wird, kann vom Motor auch eine höhere Leistung abgenommen werden (Handbohrmaschine ...).

Isolationsklasse: Die Isolationsstoffklasse beschreibt die zulässige Dauertemperatur der Wicklungsisolation.
Klasse B (130 °C) entspricht dem Standard.
Klasse F (155 °C) ist bei umrichtergespiesenen Motoren empfehlenswert.
Klasse H (180 °C) ist nur in besonderen Fällen erforderlich.

Schutzart: Die Schutzart (IP 12) kennzeichnet den Schutz eines elektrischen Gerätes gegen das Eindringen von Fremdkörpern wie Finger, Staub usw. (erste Ziffer) und gegen Wasser (zweite Ziffer). Die Schutzart nimmt keinen Bezug auf die Beständigkeit gegenüber Lösungsmittel und Korrosion. Für die Schutzart ist die Wellendichtung die kritische Stelle. Ein wasserdichter Motor braucht eine spezielle Dichtung, welche regelmässig ersetzt werden müsste und eine relativ hohe Reibung (Verluste) hat. In vielen Fällen genügt da auch eine Schleuderscheibe auf der Welle.

Explosionsschutz: Elektromotoren gibt es in unterschiedlichen Zündschutzarten (erhöhte Sicherheit "e", druckfeste Kapselung "d"). Ein explosionsgeschützter Motor muss zusammen mit dem entsprechenden Steuergerät (Beispiel: Frequenzumrichter) bescheinigt werden.

Elektrische Antriebssysteme sind im allgemeinen zuverlässige Systemkomponenten. Folgende Kriterien bestimmen die Zuverlässigkeit:

Bei Kollektormaschinen (Gleichstrommotoren, Universalmotoren ...) liegt die Bürstenstandzeit zwischen 1000 und 8000 Betriebsstunden. Der Kollektor ist jeweils auch zu überprüfen und gegebenenfalls zu revidieren.

Die Lager halten 10000 bis 50000 Stunden. Bei grossen und in unbeaufsichtigten Anlagen installierten Antrieben werden die Lagervibrationen und Temperaturen überwacht. Bei Riemenantrieben ist eine verstärkte Lagerung am Motor vorzusehen. Ein Flachriemen ist einem Keilriemen vorzuziehen. Der Riemen und die Spannung ist regelmässig zu kontrollieren.

Bei der Verwendung von Motoren mit hohen Schutzarten (zum Beispiel: IP 56) ist die Lagerdichtung nach den angegebenen Betriebsstunden auszuwechseln.

Die Leistungselektronik erreicht Ausfallraten von unter 1%. Nach etwa 7 Jahren sind die Elektrolytkondensatoren ausgetrocknet. Nach 15 Jahren ist die Gefahr gross, dass beim Lieferanten niemand mehr das Gerät kennt.

Wicklung (100000 Stunden Lebensdauer bei Nennbetrieb). Überspannungsimpulse im Motor zum Beispiel vom Frequenzumrichterbetrieb verursacht, können die Wicklungsisolation schneller altern lassen, im Extremfall auf ein paar Stunden hinunter.

Redundanz durch Installation eines zweiten zuschaltbaren oder mitlaufenden Motors. Bei Frequenzumrichter Installation einer automatischen Überbrückung (vom Netz direkt auf den Motor, mit Schutzelementen).

Gleichstrommotor

Der Gleichstrommotor ist der klassische Regelantrieb. Er wird als Hauptantrieb bis zu einigen 100 kW Leistung, als Universalantrieb und als Servoantrieb bis hinunter in den Wattbereich eingesetzt.

Das Prinzip des Gleichstrommotors ist relativ einfach, die mechanische Konstruktion dafür recht aufwendig. Die Leiter des Rotors werden von Magnetfeld des Stators durchdrungen. Die Kommutierung (Nachführung des Strombelages im Rotor) erfolgt auf mechanische Art. Dazu sind auf der Achse Schalter (Kollektor mit Bürsten) angebracht, welche direkt durch die Drehung die entsprechenden Leiter (Windung) einschalten. Die mechanische Festigkeit des Kollektors begrenzt die Maximaldrehzahl des Gleichstrommotors. Das Drehmoment ist proportional zum Strom, die Drehzahl proportional zur Spannung. Ein entsprechendes Regel-/Steuergerät ist einfach und günstig (Serienwiderstand in der Erregung, Thyristortechnik, DC-Chopper).

 

Schnitt durch einen zweipoligen Gleichstrommotor

 

 

Für die Erregung (Erzeugung des Magnetfeldes) gibt es folgende Varianten:

  • Hauptschluss (Erregung im Ankerstromkreis)
  • Neben- und Fremdschluss (Erregung unabhängig vom Ankerstrom)
  • Compoundschluss (Kombination oberer Varianten)
  • Permanenterregung (Erregung mit Magneten)

Das Prinzip des Gleichstrommotors funktioniert auch mit Wechselstrom, wenn die Erregung und der Ankerstrom die gleiche Frequenz haben. Die meisten einfachen Kleinantriebe (Scheibenwischermotoren, Kinderspielzeuge, Haushaltgeräte, Stellantriebe ...) sind mit Kollektormotoren ausgerüstet, welche direkt ans Netz geschaltet werden können.

Oft wird auch von bürstenlosen Gleichstrommaschinen "brushless DC" gesprochen. Damit ist ein kommutatorloser Antrieb mit dem Betriebsverhalten einer Gleichstrommaschine gemeint. Eigentlich handelt es sich um eine mit Permanentmagneten erregte Synchronmaschine, welche mit blockförmigen Strömen angesteuert wird.

Synchronmotor

Der Synchronmotor wird in der Elektrizitätserzeugung als Generator eingesetzt. Als Motor findet er durch den Einsatz von Permanet-Magneten für die Erregung und Leistungselektronik für die Ansteuerung immer mehr Verbreitung.

Beim Synchronmotor befindet sich die Erregung im Rotor. Der Rotor dreht synchron mit dem Feld des Statorstromes.

 
 
 
 

 

Schnitt durch einen 6 poligen Synchronmotor

Wenn der Rotor nicht mit der Statorfrequenz drehen kann (hohe Beschleunigung oder zu hohes Lastmoment), fliessen in den Statorwindungen sehr hohe Ströme. Der Synchronmotor kann daher nur bei einfachen Anwendungen zusammen mit einem Frequenzumrichter betrieben werden. Bei Servoantrieben wird durch einen Rotorlagegeber im Motor (zum Beispiel ein Resolver) der Elektronik mitgeteilt, welche Windungsspule gerade im Magnetfeld ist und eingeschaltet werden soll. Die Kommutierung erfolgt elektronisch (Transistoren als Schalter). Es gibt auch Ansteuergeräte, welche Synchronmotoren ohne Sensoren betreiben (zum Beispiel durch die Erfassung der 3. Oberwelle). Für einen hochwertigen Servoantrieb (Beherrschen von tiefen Drehzahlen, geringe Momentpulsationen ...) ist aber eine Rückführung von Informationen über die Bewegung notwendig.

 

Typische Reglerstruktur für einen Servoantrieb

 

Kennlinie eines Servoantriebssystems

 

Synchronmotoren mit Permanentmagenten sind für Drehmomente bis etwa 30 Nm interessant. In Katalogen sind sehr selten Angaben über den Wirkungsgrad zu finden. Obwohl im Rotor eigentlich keine Verluste entstehen sollten, werden die Motoren sehr heiss, vor allem bei höheren Nenndrehzahlen.

 

Der Asynchronmotor ist der am meisten verwendete Industriemotor. Er kann direkt (mit Motorschutzschalter) ans Drehstromnetz angeschlossen werden und ist sehr robust und einfach zu bauen. Wegen diesen guten Eigenschaften ist dieser Antrieb international normiert und er wird auf der ganzen Welt in grossen Stückzahlen produziert.

 

Schnitt durch einen Asynchronmotor

 

 

Der Asynchronmotor hat seinen Namen von der Tatsache, dass er sich nicht genau mit der Netzfrequenz dreht. Er hat nur ein Drehmoment, wenn seine Drehzahl von der synchronen Drehzahl abweicht. Im Betriebsbereich ist das Drehmoment proportional zu dieser Abweichung, welche als Schlupf bezeichnet wird. Beim Asynchronmotor erfolgt die Erregung über die Statorspannung. In die Nuten des Stators sind die Wicklungenspakete eingelegt. Im Rotor ist beim Kurzschlussankermotor nur ein Leiter pro Nut eingelegt oder eingegossen. Es werden weder Bürsten noch Magnete verwendet. Der Asynchronmotor wird direkt an das Drehstromnetz (3 * 400 V) angeschlossen. Für kleine Leistungen (unter 2 kW) kann der Asynchronmotor mit einem Kondensator auch an das Wechselstromnetz (1 * 230 V) angeschlossen werden. Für noch kleinere Leistungen gibt es den Spaltpolmotor (einphasiger Asynchronmotor mit gespaltenem Stator), welcher einen schlechten Wirkungsgrad hat.

Beim Anlauf nimmt der Asynchronmotor sehr hohe Ströme auf. Um die Belastung des Stromnetzes zu reduzieren wird der Motor bei grösseren Leistungen mit einer tieferen Spannung angefahren. Mit dem Stern/Dreieck Anschluss liegen in der Sternschaltung 400 V über zwei Ständerspulen an. Nach einer gewissen Zeit wird durch einen externen Schalter in die Dreieckschaltung umgeschaltet und 400 V an eine Spule angelegt. In der Sternschaltung hat der Motor nur ein Drittel des Nenndrehmomentes. Auf dem Typenschild sind die erforderlichen Spannungen für die Nennleistung in Dreieck und Sternschaltung angegeben (Nennspannung 400/700 V). Die hohen Anlaufströme und die mechanischen Anfahrstösse können auch mit einem Sanftanlaufgerät reduziert werden. Der Softstarter (Phasenanschnittgerät zur kontinuierlichen Spannungserhöhung) wird normalerweise nach dem Hochfahren überbrückt.

Motoren sind zur maximalen magnetischen Ausnützung des Eisens oft sehr knapp ausgelegt. Das heisst, wenn sie mit einer zu hohen Spannung betrieben werden, kommt das Eisen in die Sättigung und der Strom nimmt überproportional (hohe Leerlaufverluste) zu.

 

Industriemotoren werden knapp unter der Sättigungsgrenze ausgelegt, eine höhere Betriebsspannung bewirkt eine überproportionale Zunahme des Stromes und kann den Motor zerstören

 

 

Für besondere Anwendungen (Aufzüge ...) werden auch Asynchronmotoren mit einem hohen Läuferwiderstand (Rotorwiderstand) gebaut. Je höher der Widerstand ist, desto mehr verschiebt sich das maximale Drehmoment (Kippmoment) zu tiefen Drehzahlen. Solche Widerstandsläufermotoren haben einen schlechten Wirkungsgrad und brauchen deshalb ein grosses Gehäuse, um die Verlustwärme loszuwerden. Bei grösseren Leistungen wird statt des Kurzschlussankers im Rotor eine Drehstrom-Wicklung eingelegt, deren Enden über 3 Schleifringe von aussen abgegriffen werden. Die Rotorleistung wird dann in externen Widerständen verheizt (Anlaufwiderstände) oder über ein Steuergerät (Untersynchrone Kaskade) ins Netz zurückgespeist.

Mit einem Frequenzumrichter kann die Statorspannung und Frequenz des Asynchronmotors stufenlos verändert werden. Dadurch wird aus dem Standardmotor ein drehzahlveränderliches Antriebssystem. Mit einem Rotorlagegeber, dem Errechnen der Magnetisierung und dem Einprägen der entsprechenden Statorströme (Vektorregelung) hat ein Asynchronmotor die Eigenschaften eines Servoantriebes.

 

 
 
 
 

 

Ein Frequenzumrichter uns sein Prinzipschaltbild

 

Die standardisierten Asynchronmotoren sind für den Betrieb am Drehstromnetz konstruiert. Das heisst, sie haben ein hohes Anlaufmoment (Stromverdrängungsnuten) und sind getrimmt auf einen möglichst niedrigen Anlaufstrom (Kippmoment das 2 bis 3 fache des Nennmomentes). Auch Asynchronmaschinen im Megawattbereich, welche in Einzelstücken hergestellt werden, unterliegen dieser Orientierung am Netzbetrieb. Ein Antriebssystem, welches aus einem Umrichter und einer Asynchronmaschine besteht, stellt andere Anforderungen an den Motor. Durch eine geschickte Konstruktion, welche die Streuung minimiert, kann das Kippmoment sehr viel höher liegen. Dadurch kann der Asynchronmotor kurzzeitig ein mehrfaches seines Nennmomentes abgeben, ohne überdimensioniert zu sein. Bei Anwendungen, welche über einen weiten Bereich konstante Leistung benötigen (spanabhebende Bearbeitung, Zentrumswickler, Traktionsfahrzeuge ...), erlaubt dieses hohe Kippmoment einen grossen Feldschwächbereich, in dem der Wirkungsgrad besser als im Nennpunkt ist.

 

Wirkungsgradfeld eines streuarmen Asynchronmotors (Nenndrehzahl bei 2000 U/min)

 

 

Reluktanzmotor

Beim Reluktanzmotor entsteht die Kraft im Luftspalt zwischen Eisen und Eisen. Es muss zwischen 3 Ausführungsarten unterschieden werden:

Asynchronmotor mit Reluktanzmoment: Dabei handelt es sich um einen Asynchronmotor, welcher einen Rotor mit ausgeprägten Polen hat. Bis in die Nähe der Nenndrehzahl hat dieser Antrieb die Kennline eines Asynchronmotors. Dann springt er in das Verhalten eines Synchronmotors. Dieser Antrieb hat einen hohen Blindleistungsbedarf (schlechter cos j) und einen schlechten Wirkungsgrad. Er ist nur für einfache Anforderungen geeignet.

Schrittmotor: Von einigen Watt bis zu einigen 100 Watt Leistung wird dieses gesteuerte System bei Positionierantrieben (Drucker, Automaten ...) eingesetzt. Es ist sehr günstig, hat einen schlechten Wirkungsgrad und ist für Anwendungen mit geringen Störmomenten geeignet.

Switched reluctance drive: Wenn der Reluktanzmotor mit einem Rotorlagegeber ausgerüstet wird, so spricht man von einem geschalteten Reluktanzmotor "SR-Drive".

 

Foto eines dreiphasigen Switched Reluctance Drives

 

Der SR-Motor wird von einem Ansteuergerät gespeist, welches über Halbleiter-Schalter Strom in die Motorwicklungen fliessen lässt. Ein Regelsystem, welches über Sensoren den Strom und die Rotorlage erfasst, steuert die Schalter. Der Stator besteht aus bewickelten, ausgeprägten Polen. Die gegenüberliegenden Spulen werden gemeinsam gespeist und bilden eine Phase mit Nord- und Südpol. Der Rotor ist eine einfache zahnradähnliche Konstruktion ohne Magnete, Wicklungen und Bürsten.

 

 

 
 
 
 

 

Schnitt durch einen Switched Reluctance Motor und Prinzipschema des Steuergeräts

 

 

Beim Einschalten der entsprechenden Statorwicklungen wirkt auf den Rotor ein Drehmoment, welches von der magnetischen Anziehungskraft zwischen Stator- und Rotorpol herrührt. Die Regelung sorgt anhand der Informationen vom Rotorlagegeber dafür, dass die Spulen im richtigen Augenblick erregt sind, um das benötigte Drehmoment auf die wirksamste Weise zu erzeugen. Bei tiefen Drehzahlen arbeitet die Steuerung im "Choppermodus": In die Windungen wird ein Strom über einen bestimmten Rotorwinkel eingeprägt. Bei höheren Drehzahlen arbeitet die Steuerung im "Pulsmodus": In einer entsprechenden Rotorlage wird für eine bestimmte Zeitspanne eine Spannung an die Spulen angelegt.

Es ist die Flexibilität der Motorerregung, welche weitgehend die hervorragenden Regeleigenschaften und den hohen Wirkungsgrad über einen grossen Drehzahl- und Drehmomentbereich ermöglicht. Der Rotorlagegeber dient auch als Tacho. Drehmoment und Drehzahl sind voll regelbar, was eine anwendungsoptimale "programmierbare" Drehzahl/Drehmoment Kennlinie innerhalb des jeweiligen Leistungsbereichs ermöglicht. Bisher konnten sich SR-Antriebssysteme wegen der fehlenden Standardisierung erst in kundenspezifischen Massenprodukten behaupten.

Kosten von Antriebssystemen

Weit mehr als der technische Aufwand beeinflusst die Losgrösse der Produktion und die Standardisierung im Marketing den Preis der Antriebssysteme. Für Industrieantriebe ist der IEC-Normmotor und der darauf aufbauende Markt der Frequenzumricher eine Richtgrösse. Normmotoren kosten ab einigen kW etwa 30 DM pro Kilogramm Motorengewicht. Bei 2 und 4 poligen Motoren ergibt das etwa 200 pro kW. Frequenzumrichter kosten im höheren Leistungsbereich etwa 400 DM pro kW, also etwa das Doppelte des Motors.

 

Durchschnittliche Kosten von Asynchronmotoren und Frequenzumrichtern

 

 

Ein Servoantriebssystem mit einem Synchronmotor unterscheidet sich vom Asynchronmotor mit Frequenzumrichter theoretisch nur durch die Permanentmagnete im Motor und durch den Rotorlagegeber. Der kleine Synchronmotor hat einen besseren Wirkungsgrad als der entsprechende Asynchronmotor und kann dadurch kompakter gebaut werden, was die Mehrkosten für die Magnete ausgleicht. Der Resolver alleine ist nicht schuld, dass ein 2 kW Synchronservo mehr als doppelt so teuer wie eine entsprechende ASM mit Frequenzumrichter für 2800 DM ist.

Vergleich von Antrieben

Wenn man die Theorie der Antriebe betrachtet, so müsste der Synchronmotor in Bezug auf das Leistungsgewicht, die Dynamik und den Wirkungsgrad gewinnen. Bei einem Vergleich der Katalogdaten von in der Schweiz erhältlichen Motoren ist im Leistungsgewicht keine Dominanz der Synchronmotoren erkennbar geworden. Deutlich wurde eine Unterlegenheit der Gleichstromantriebe. Wenn man davon ausgeht, dass die Motordimension vor allem von der Verlustleistung abhängt, ist das Leistungsgewicht auch ein Mass für den Wirkungsgrad. Bei einem Hersteller von Asynchronmotoren fiel auf, dass seine Motoren ein überdurchschnittlich gutes Leistungsgewicht haben. Auf Anfrage erklärte dieser Hersteller, dass von seinen Motoren die Nennleistung nie dauernd abverlangt würde, und er daher seine Motoren so klassiere. Auch in Bezug auf den Wirkungsgrad sind schon Anbieter aufgetreten, welche die Daten den Kundenbedürfnissen (leider nur auf dem Papier) anpassen. Sie rechnen damit, dass der Wirkungsgrad nicht überprüft wird oder dass die Messgenauigkeit (elektrische Leistung ± 1%, mechanische Leistung ± 2%) die Übertreibung schluckt. Dem Anwender, der Wert auf einen guten Wirkungsgrad legt, wird empfohlen, seine Maschine mit Musterantrieben auszurüsten, und die verschiedenen Antriebe mit einem einfachen Stromzähler zu vergleichen.

 

Vergleich von Drehmoment und Gewicht von verschiedenen Motoren

 

Es gibt keinen universalen Superantrieb. Je nach Anwendung haben die verschiedenen Antriebssysteme ihre Vor- und Nachteile. Mit dem Einzug der Frequenzumrichter wurde die Gleichstrommaschine schon mehrmals für tot erklärt. Betrachtet man die Zollstatistik der Schweiz, so sieht man, dass der Trend nicht auf ein baldiges Ableben hinweist.
Ein Vergleich der Antriebssysteme lässt in Bezug auf den Wirkungsgrad folgende verallgemeinerte Aussage zu: Bei Antrieben unter einem Kilowatt Leistung sind die permanenterregten Motoren (Synchron und Gleichstrom) besser als die Asynchronmotoren. Bei Leistungen ab 5 kW ist derzeit die Asynchronmaschine die beste Lösung.

 

Antriebssystem Gleichstrommotor
mit Chopper
Synchronmotor
mit Servoregler
Asynchronmotor
mit Umrichter
Switched Reluctance
Drive mit Steuergerät
Leistung bis 3 kW bis 3 kW ab 0,3 kW bis 300 kW
Preis Motor teuer teuer günstig günstig
Preis Elektronik günstig teuer mittel mittel
Robustheit mittel gut sehr gut sehr gut
Regelgüte sehr gut gut mittel gut
Standardisierung mittel gering hoch keine
Wirkungsgrad mittel gut mittel mittel

Vergleich der Antriebssysteme

© GLOOR ENGINEERING

 

siehe auch ...