Der
4-polige Motor hat ein grösseres Drehmoment als der 2-polige,
weil er für den magnetischen Fluss weniger Statoreisen braucht
Motorkennlinien
Die Daten auf dem Typenschild
eines Motors geben nur über den Nennbetriebspunkt (Pn,
Mn, Nn, Un,
In ...) Auskunft. Ein Antriebssystem arbeitet
aber nicht nur im Nennpunkt. Der Arbeitsbereich kann sich über
alle 4 Quadranten erstrecken: positive und negative Drehrichtung,
treibendes und bremsendes Drehmoment. Ein Asynchronmotor, welcher
am Netz betrieben wird, deckt 3 Quadranten ab, den 4. Quadranten,
wenn 2 Phasen vertauscht werden. Der stabile Betriebspunkt (Lastmoment
= Motormoment) muss auf der Kennlinie liegen. Eine Differenz ergibt
ein Beschleunigungsmoment und dadurch eine Drehzahlveränderung.

Verluste
eines 4-poligen Asynchronmotors bei unterschiedlichen Frequenzen
und Belastungen
Wenn der
Asynchronmotor mit einem Frequenzumrichter angesteuert wird, so
kann seine Kennlinie so verändert werden, dass bei der gewünschten
Drehzahl das Lastmoment aufgebracht wird, wie bei Servoantriebssystemen.
Ein Servoantrieb unterscheidet sich aber vom umrichtergespiesenen
Asynchronmotor durch eine dynamische und genaue Drehzahlregelung
und die Beherrschung der tiefen Drehzahlen.

Kennline
eines Servoantriebssystems
Ein
Servoantriebssystem hat im Stillstand das höchste Drehmoment.
Je nach zulässiger Übertemperatur (zum Beispiel 60 oder 100 Grad
Kelvin) und je nach der Art der Kühlung kann der gleiche Motor
verschiedene Nenndrehmomente abgeben. Im Gegensatz zum Netzbetrieb
ist bei einem Antriebssystem mit Leistungselektronik der Strom
limitiert. Der Nennstrom und die Überlastbarkeit des Ansteuergerätes
beschränken die Drehmoment-Kennlinie des Antriebes.
Statische
Antriebsauslegung
Bei Arbeitsmaschinen
mit langsamen Drehzahländerungen genügt meistens eine statische
Antriebsauslegung. Es gilt die Bedingung, dass über den ganzen
Drehzahlbereich das Lastmoment nicht grösser als das Antriebsmoment
sein darf. Wenn das Losbrechmoment (die Haftreibung) nicht grösser
als das Anzugsdrehmoment ist, sind keine Anlaufschwierigkeiten
zu erwarten.

Ein
hohes Losbrechmoment kann den Motor blockieren
Bei hohen Haftmomenten
im Bereich des Motoranlaufmomentes nützt bei Asynchronmotoren
ein Sanftanlaufgerät nicht viel, denn der Motor beschleunigt erst,
wenn er genug Spannung hat, um das Losbrechmoment zu überwinden.
Mit einem modernen Frequenzumrichter steht aber schon beim Start
ein hohes Drehmoment zur Verfügung.
Ein Asynchronmotor,
der direkt oder mit einen Softstarter ans Netz geschaltet wird,
erhitzt sich beim Hochfahren mit der Energie, welche der Rotationsenergie
des Rotors und der Last entspricht. In den Datenblättern von Standardmotoren
ist die zulässige Anzahl Leerumschaltungen pro Stunde angegeben.
Kleine Asynchronmotoren können viel mehr Schaltungen (einige pro
Sekunde) als grosse (einige pro Stunde) verkraften. Beim Betrieb
mit einem Frequenzumrichter hat der Motor einen beschränkten Schlupf
und kann viel häufiger geschaltet werden.
Wenn das Lastdrehmoment
unterhalb der Nenndrehzahl grösser als das Nenndrehmoment des
Motors ist (Zentrumswickler, Knetmaschinen, Exzenter ...), so
ist ein Antriebssystem mit einer Kennline zu suchen, welches diesen
Bereich abdeckt (Gleichstrom-Reihenschluss-Motor, fremderregter
Gleichstrom-Motor mit Feldschwächung, Asynchronmotor mit Frequenzumrichter
in der Feldschwächung, geschaltener Reluktanzmotor). Alternativ
bleibt sonst eine veränderbare Getriebeuntersetzung oder eine
entsprechende Überdimensionierung des Antriebssystems.
Der Preis eines Motors
hängt von seiner Grösse und somit vom Nenndrehmoment ab. Die Drehmomentanpassung
an die Last ist mit einem Getriebe meistens günstiger als mit
einem grossen Motor. Ein Getriebe hat ein Reibungsmoment, welches
von der übertragenen Leistung wenig abhängig ist. Der Wirkungsgrad
eines Motors oder eines Getriebes bezieht sich auf die Nennleistung.
Im Teillastbereich oder bei tieferen Drehzahlen ist der Wirkungsgrad
schlechter.
Dynamische
Antriebsauslegung
Als Ergänzung zu den
Anforderungen bei der statischen Dimensionierung muss bei der
dynamischen Antriebsauslegung eine bestimmte Drehzahl oder Position
in einer vorgegebenen Zeit erreicht werden. Für die dazu notwendige
Beschleunigung (oder Verzögerung) muss das Antriebssystem ein
zusätzliches Drehmoment aufbringen. Je grösser die Beschleunigung
ist, desto mehr Kraft ist erforderlich. In vielen dynamischen
Maschinen braucht der Motor die meiste Kraft, um seinen eigenen
Rotor zu beschleunigen.
Translatorisches
System
Das
translatorische System bezieht sich auf geradlinige (lineare)
Bewegungen, wie sie Schlitten, Aufzüge, Kolben und andere Teile
von Maschinen und Anlagen ausführen.

Die
translatorische Bewegung
Die Grundeinheiten
für das translatorische System sind der Weg s
[m], die Zeit t [s] und die
Masse m [kg]. Daraus lassen sich
die Geschwindigkeit v [m/s], die
Beschleunigung a [m/s²]
und die Beschleunigungskraft F [N
(Newton) = kgm/s²] ableiten. Im freien Fall mit
einer Beschleunigung von etwa 10 m/s²nimmt
die Geschwindigkeit pro Sekunde um 10 m/s zu.

Kinematik
des freien Falls
Die Beschleunigungskraft
ist (vereinfacht) das Produkt aus Masse mal Beschleunigung: F
= a*m, oder genauer
für veränderliche Massen: F = d(v m)/dt.
Die Geschwindigkeit ist Weg durch Zeit: v
= ds/dt, und die Beschleunigung ist Geschwindigkeit durch
Beschleunigungszeit: a = dv/dt.
Rotatives
System
Das rotative System
bezieht sich auf Drehbewegungen wie sie in rotierenden elektrischen
Maschinen, Getriebe, Walzen, Spindeln und Teilen von Maschinen
und Anlagen vorkommen.

Die
rotierende Bewegung
Die Einheit für den
Winkel: rad (Radian), 1 rad = 1 Umdrehung
/ 2p (0.16 Umdrehungen oder
57.3 Grad) ist ungewohnt. Durch die Verwendung dieser Grösse können
die Umrechnungsfaktoren bei der Berechnung weggelassen werden.
Die Grundeinheiten für ein rotatives System sind der Winkel j
[rad] und die Schwungmasse (Massenträgheitsmoment) J
[kgm2]. Daraus lassen sich
die Winkelgeschwindigkeit (Drehzahl) W
[rad/s], die Winkelbeschleunigung a
[rad/s2] und das Beschleunigungsmoment M
[Nm] ableiten.
Bei der dynamischen
Auslegung von Gelenken, Kurbeltrieben und ähnlichen Systemen ist
bei der Berechnung der Beschleunigungsmomente die ausführliche
Formel zu verwenden. Durch den veränderlichen Radius für die Bewegungsübertragung
vom lineraren ins rotative System verändert sich die transformierte
Schwungmasse mit dem Winkel und der Zeit.
M =
d(J*W)/dt.
Ausführliche
Formel zur Berechnung des Beschleunigungsmomentes
Schwungmasse
und Getriebe
Das Massenträgheitsmoment
J [kg*m²]
für einen Vollzylinder mit Radius r
[m], Länge l [m], Masse m
[kg] und spezifisches Gewicht in [kg/m³] rechnet sich gemäss
untenstehender Abbildung.
Die Schwungmasse eines
Vollzylinder nimmt mit der vierten Potenz des Durchmessers zu.
Ein um 20% dickerer Zylinder hat die doppelte Schwungmasse.
Wenn zwei rotierende
Körper über ein Getriebe miteinander verbunden sind, so wird die
Schwungmasse mit dem Quadrat des Übersetzungsverhältnisses i
transformiert. Eine optimale Anpassung ist gefunden, wenn
die transformierte träge Masse der Last gleich gross ist, wie
die des Motors.

Die
Schwungmasse eines Vollzylinders

Riemengetriebe
mit Übersetzung i

Transformation
durch Getriebe
Von
translatorischen in rotative Systeme
Die Umwandlung einer
rotativen in eine translatorische Bewegung kann auf verschiedene
Arten erfolgen: Kette, Zahnriemen, Seilzug, Zahnstange, Spindel,
usw. Bei diesen Transformationen kann ein Rechnungsradius r
[m] als Umrechnungswert angenommen werden. Bei den Übertragungselementen
mit einer Abwicklung über den Umfang entspricht dieser Radius
dem geometrischen Wert. Bei einer Spindel ist der Rechnungsradius
die Spindelsteigung durch 2p.

Ein
Schlitten wird über einen Seiltrommel gezogen
Winkel
|
j |
=
|
s/r |
Drehzahl
|
W |
=
|
v/r
|
Winkelbeschl.
|
a
|
=
|
a/r |
Drehmoment
|
M
|
=
|
s/r |
Schwungmasse
|
Jres
|
=
|
J
+ m*r²
|
Transformation
mit "Rechnungsradius" r
Leistung
und Energie
Für die
Berechnung der Leistung aus der Beziehung Drehmoment mal Drehzahl
kann die Umrechnung mit 1 rad/s = 60/2p
U/min = 9,55 U/min = ca. 10 U/min vereinfacht werden. Die
verwendete Grösse für die Drehzahl n
in Umdrehungen pro Minute ist etwa 10 mal grösser als
die Grösse W in Radian
pro Sekunde.

Vereinfachte
Berechnung von Leistung, Drehmoment und Drehzahl
Grösse |
Symbol
|
Einheit
|
translatorisch
|
rotativ
|
Leistung
|
P
|
W
|
F*v |
M*W
|
Energie
(dynamisch) |
W
|
J
|
1/2(m*v²)
|
1/2(J*W²)
|
Energie
(statisch) |
W
|
J
|
F*s |
M*j
|
Erdbeschleungigung
|
g
|
m/s²
|
9,81 |
|
Potentielle
Höhe |
h
|
m
|
|
|
Potentielle
Energie |
W
|
J
|
m*g*h |
|
Leistung
und Energie im translatorischen und rotativen System
Bewegungsabläufe
Für die Überwindung
einer gegebenen Strecke s [m] in
einer möglichst kurzen Positionierzeit tp gibt es 2 Möglichkeiten der Bewegungsoptimierung.
Zum einen kann eine minimale Beschleunigung,
zum anderen auf eine minimale Leistung
optimiert werden.
Größe |
Minimale
Beschleunigung |
Minimale
Leistung |
Beschleunigungszeit |
tp/2 |
tp/3
|
Maximale Geschwindigkeit |
2s/tp
|
1,5s/tp
|
Beschleunigung |
4s/tp² |
4,5s/tp² |
Maximale Leistung |
8m*s²/tp³ |
6,75m*s²/tp³ |
Geschwindigkeit
und Beschleunigung bei optimierten Bewegungsabläufen

Bewegungsdiagramme
minimale Kraft

Bewegungsdiagramme
minimale Leistung
Bei der
Auslegung für die beiden Beispiele ist von der Positionierzeit
von einer Sekunde eine Zehntelsekunde abgezogen worden. Je nach
Steifigkeit des Regelsystems dauert es eine Zeit, bis sich der
Antrieb und die Last auf die genaue Position ausgerichtet haben
(Beruhigungszeit). Der Regler des Ansteuergerätes darf für eine
genaue Positionierung nicht am "Anschlag" fahren. Für einen sauberen
Bewegungsablauf sollte das maximale Drehmoment des Antriebssystems
nur bis zu 90% ausgenützt werden.
Thermische
Auslegung, Überlastung
Grundlage für die thermische
Auslegung ist die Annahme, dass sich der Motor nur durch das Drehmoment
erwärmt. Die Verluste im Motor sind proportional zum Quadrat des
Drehmoments. Ein Betrieb mit dem halbem Drehmoment verursacht
nur einen Viertel der Motorverluste, das doppelte Drehmoment die
4-fachen. Bei der Definition der Betriebsart S6 ist die Zeitdauer
auf 10 Minuten festgelegt. Bei Motoren ab Baugrösse 73 (150 mm
Durchmesser) ist diese Zeitkonstante ausreichend.
Die Betriebsart S6/60
beschreibt zum Beispiel eine Überlastung des Antriebes um 30%
während 6 Minuten. In den übrigen 4 Minuten ist der Antrieb unbelastet
(im Leerlauf).
Wenn sich ein Motor
dauernd über die zulässige Temperatur erwärmt, reduziert sich
seine Lebensdauer (die Wicklungslebensdauer ist ca. 100000 Stunden).
Wenn besonders hohe Leistungen nur ausnahmsweise benötigt werden
(zum Beispiel: Ventilator mit einer Betriebsart "Sturmlüftung"
im Brandfall), kann es sich durchaus lohnen, einen 2. Motor zu
installieren, welcher nur bei Bedarf eingeschaltet wird.

Antriebe
dürfen kurzzeitig überlastet werden
Die meisten Antriebssysteme
mit elektronischen Steuergeräten können den Motor auch bremsen.
Bei Phasenanschnittgeräten für Gleichstromantriebe und bei einigen
grösseren Frequenzumrichtern wird die Bremsenergie ins Netz zurückgespiesen.
Bei Achsmodulen mit einem gemeinsamen Spannungszwischenkreis kann
die Bremsenergie von den anderen Antrieben genutzt werden. In
den anderen Fällen wir die Bremsenergie in einem Ballastwiderstand
verheizt. Die Bremswiderstände sind meistens so dimensioniert,
dass sie dauernd etwa 10 bis 20% der Nennleistung und kurzzeitig
die maximale Leistung des Antriebssystems aufnehmen können. Die
Bremswiderstände sollten ausserhalb des Schaltschrankes installiert
werden.
Zusammenfassung
Grundlage der guten
Dimensionierung ist das Kennen der Anforderungen, welche die Maschine
an den Antrieb stellt. Ein Antrieb braucht nicht überdimensioniert
zu werden, denn er kann seine Nennleistung dauernd abgeben. Bei
komplexeren Antriebsaufgaben helfen Auslegungsprogramme wenig,
denn die Berechnung macht den kleineren Teil der Arbeit aus. Die
Auswahl der passenden Antriebskomponenten braucht die meiste Zeit.
Bei einer guten Auslegung ist es wichtig, dass nach der Wahl bis
auf den Prozess zurückgerechnet wird. Zur Kontrolle sollte über
das Drehmoment und zusätzlich über die Leistung/Energie gerechnet
werden. So kann vermieden werden, dass zum Beispiel für eine Aufgabenstellung,
welche maximal 270 Watt Leistung erfordert, ein 5 Nm Motor mit
3000 U/min Nenndrehzahl und ein Verstärker mit 2-facher Überlastbarkeit
(maximal 3 kW) eingesetzt wird.
Weiterführendes
Beispiel
©
GLOOR ENGINEERING
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