Ausschnitt aus der RAVEL-Dokumentation "RAVEL im Maschinenbau" Nr. 724.333 D von Rolf Gloor

Kurzfassung

Die Dimensionierung von elektrischen Antrieben ist keine Hexerei.
Diese Aufgabe wird normalerweise vom Steuerungsfachmann oder vom Maschinenkonstrukteur gelöst. Nicht selten ist es auch der Antriebsverkäufer, welcher den Antrieb auslegt.
In Maschinen findet man aber oft überdimensionierte Antriebe. Ein zu grosser Antrieb hat nichts mit guter Qualität zu tun, denn er verursacht höhere Kosten für das Antriebssystem selber und für die massivere Infrastruktur in der Mechanik (Getriebe, Fundamente ...) und der Elektrik (Verkabelung, Schaltschrank ...).
Ein zu grosser Motor ist aber auch weniger dynamisch und er hat eine grössere Verlustleistung.

Die Antriebsdimensionierung lässt sich in 4 Phasen unterteilen:

  1. Analyse
  2. Berechnung
  3. Systemauswahl
  4. Kontrolle

Dieser Artikel versucht einige Zusammenhänge zwischen den Antriebsanforderungen und den Möglichkeiten mit Elektromotoren aufzuzeigen.
Durch die konsequente Verwendung von SI-Einheiten bei der Antriebsauslegung vereinfacht sich die Berechnung und die Fehlerquellen reduzieren sich auf falsche Annahmen.
Der Maschinenkonstrukteur und Antriebsfachmann soll mehr Sicherheit auf dem Weg zu günstigen und energieeffizienten Antrieben erhalten.

 

Einleitung

Die Antriebsdimensionierung lässt sich in folgende 3 Gruppen unterteilen:

Statische Auslegung: Das Drehmoment des Antriebes muss über den ganzen Betriebsbereich grösser als das Lastmoment sein.

Dynamische Auslegung: Der Antrieb muss soviel Drehmomentreserve haben, um die Last in der geforderten Zeit auf die gewünschte Geschwindigkeit oder Position zu bringen.

Thermische Auslegung: Der Antrieb darf sich nicht über seine maximal zulässige Temperatur erwärmen.

Grundlage für die Auslegung sind die Funktionen, welche die Maschine erfüllen muss. Sehr oft wird eine Antriebsaufgabe nur mit ihrer Maximaldrehzahl und Maximalleistung spezifiziert. Bei den meisten Arbeitsprozessen ist dieses Vorgehen zulässig, weil dort bei der höchsten Drehzahl auch das grösste Drehmoment erforderlich ist.
Bei vielen Maschinen sind aber die Lastmomente nicht bekannt und man weiss nur, dass es mit den eingesetzten Antrieben funktioniert. Dass der Antrieb zu gross ist, sieht man vielleicht erst an einer Konkurrenzmaschine.

 

Bestimmung der Lastmomente

Bei einer Maschine gibt es folgende Möglichkeiten zur Bestimmung der Lastmomente:

Berechnung der Prozesskräfte:
In der Literatur (Dubel, Papers ...) sind oft Angaben über die grundsätzlichen Kräfte oder Erfahrungswerte für einen Prozess zu finden. Verknüpft mit den Parametern der Maschine lässt sich damit analytisch oder iterativ (eventuell mit Computerunterstützung) das Lastmoment über den Betriebsbereich bestimmen. Falls keine Angaben gefunden werden, kann das Lastmoment vielleicht aus ähnlichen Prozessen abgeschätzt werden.

Messung der Prozesskräfte:
An einem Modell, Prototypen oder an einer ähnlichen Maschine können die Kräfte mit Sensoren gemessen werden. Eine einfache statische Kraft- oder Drehmomentmessung kann mit einer Federwaage (Drehmoment = Kraft mal Hebelarm) durchgeführt werden. Beschleunigungskräfte in komplexen Bewegungsabläufen können zum Beispiel durch die quantitative Auswertung von Bild-Aufzeichnungen bestimmt werden.

Ausmessung am Motor:
Bei einer bestehenden Maschine kann direkt am Motor das Lastmoment ermittelt werden. Bei elektrischen Antriebssystemen besteht ein Zusammenhang zwischen Motorstrom und Drehmoment. Mit einer Messreihe (Motorenstrom und Drehzahl) kann die Lastkennlinie ermittelt werden. Durch Leerlaufversuche und eine Kalibrierung sind Referenzwerte zu schaffen, weil bei vielen Antrieben der Strom nicht proportional zum Drehmoment ist. Bei dynamischen Bewegungen ist die Schwungmasse des Motors bei der Prozessanalyse zu berücksichtigen.

 

Die häufigsten Lastkennlinien

 

 

Die Krafterzeugung in einem Motor

Ein Elektromotor ist ein elektromagnetischer Energiewandler. Der eine Teil des Motors ist fest (Stator), der andere Teil beweglich (Rotor). Bei den meisten Motoren ist der Rotor innen, und überträgt mit einer Welle sein Drehmoment an die Last.

 

 
 
 
 

 

Der Luftspalt liegt zwischen Rotor und Stator

 

Die Kraft entsteht im Luftspalt

 
 

 

 

Mit der Induktion B [Vs/m2], dem Ankerstrombelag A [A/m], dem Rotorradius r [m] und der Rotorlänge l [m] rechnet sich das Drehmoment M [Nm]:

M ~ B*A*l*r*r

Das Drehmoment wird im Luftspalt (zwischen Stator und Rotor) erzeugt.
Bei den meisten Motoren (Ausnahme Reluktanzmotoren) entsteht es durch die Kraft, welche auf die Stromleiter im Magnetfeld ausgeübt wird. Das Magnetfeld wird entweder durch integrierte Elektromagnete (Erregerwicklung) oder mit Permanentmagneten gebildet. Lokal gesehen wirkt eine Schubkraft, deren Grösse proportional zum Magnetfeld und zum Strombelag ist. Die maximale Stärke des Magnetfeldes ist durch die Sättigung des Eisens im Bereich von einem Tesla begrenzt. Die Wärme, welche im Stromleiter entsteht, muss abgeführt werden.
Somit ist die maximale Schubkraft begrenzt (bei Normmotoren selten über 30 kN/m*m). Das Drehmoment an der Motorwelle ergibt sich aus dem Produkt Schubkraft mal Luftspaltfläche mal Hebelarm.
Es ist somit proportional zum Rotorvolumen.

Diese Theorie lässt sich am einfachsten an den normierten Asynchronmotoren überprüfen. Vergleicht man die Leistung von 2 und 4-poligen Motoren, so sieht man, dass ein 4-poliger Motor oft die gleiche Leistung hat, wie ein gleichgrosser 2-poliger Motor. Dieser braucht dafür aber die doppelte Drehzahl. Wenn man den 4-poligen Motor an 100 Hertz betreibt, hat er eine doppelt so grosse Nennleistung wie der 2-polige Motor im gleichen Gehäuse. Der umrichtergespeiste "100 Hz-Motor" braucht eine angepasste Wicklung, welche aber nicht viel teurer (Sonderwicklung) als die Normwicklung ist. Ein Asynchronmotor mit Frequenzumrichter kann auf eine beliebige Nenndrehzahl (zum Beispiel 400 U/min, 2400 U/min, 12000 U/min) ausgelegt werden.

 

 
 

2-polig

4-polig

 
 

 

Der 4-polige Motor hat ein grösseres Drehmoment als der 2-polige, weil er für den magnetischen Fluss weniger Statoreisen braucht

 

Motorkennlinien

Die Daten auf dem Typenschild eines Motors geben nur über den Nennbetriebspunkt (Pn, Mn, Nn, Un, In ...) Auskunft. Ein Antriebssystem arbeitet aber nicht nur im Nennpunkt. Der Arbeitsbereich kann sich über alle 4 Quadranten erstrecken: positive und negative Drehrichtung, treibendes und bremsendes Drehmoment. Ein Asynchronmotor, welcher am Netz betrieben wird, deckt 3 Quadranten ab, den 4. Quadranten, wenn 2 Phasen vertauscht werden. Der stabile Betriebspunkt (Lastmoment = Motormoment) muss auf der Kennlinie liegen. Eine Differenz ergibt ein Beschleunigungsmoment und dadurch eine Drehzahlveränderung.

 

Verluste eines 4-poligen Asynchronmotors bei unterschiedlichen Frequenzen und Belastungen

 

Wenn der Asynchronmotor mit einem Frequenzumrichter angesteuert wird, so kann seine Kennlinie so verändert werden, dass bei der gewünschten Drehzahl das Lastmoment aufgebracht wird, wie bei Servoantriebssystemen. Ein Servoantrieb unterscheidet sich aber vom umrichtergespiesenen Asynchronmotor durch eine dynamische und genaue Drehzahlregelung und die Beherrschung der tiefen Drehzahlen.

Kennline eines Servoantriebssystems

 

Ein Servoantriebssystem hat im Stillstand das höchste Drehmoment. Je nach zulässiger Übertemperatur (zum Beispiel 60 oder 100 Grad Kelvin) und je nach der Art der Kühlung kann der gleiche Motor verschiedene Nenndrehmomente abgeben. Im Gegensatz zum Netzbetrieb ist bei einem Antriebssystem mit Leistungselektronik der Strom limitiert. Der Nennstrom und die Überlastbarkeit des Ansteuergerätes beschränken die Drehmoment-Kennlinie des Antriebes.

 

Statische Antriebsauslegung

Bei Arbeitsmaschinen mit langsamen Drehzahländerungen genügt meistens eine statische Antriebsauslegung. Es gilt die Bedingung, dass über den ganzen Drehzahlbereich das Lastmoment nicht grösser als das Antriebsmoment sein darf. Wenn das Losbrechmoment (die Haftreibung) nicht grösser als das Anzugsdrehmoment ist, sind keine Anlaufschwierigkeiten zu erwarten.

 

Ein hohes Losbrechmoment kann den Motor blockieren

 

 

Bei hohen Haftmomenten im Bereich des Motoranlaufmomentes nützt bei Asynchronmotoren ein Sanftanlaufgerät nicht viel, denn der Motor beschleunigt erst, wenn er genug Spannung hat, um das Losbrechmoment zu überwinden. Mit einem modernen Frequenzumrichter steht aber schon beim Start ein hohes Drehmoment zur Verfügung.

Ein Asynchronmotor, der direkt oder mit einen Softstarter ans Netz geschaltet wird, erhitzt sich beim Hochfahren mit der Energie, welche der Rotationsenergie des Rotors und der Last entspricht. In den Datenblättern von Standardmotoren ist die zulässige Anzahl Leerumschaltungen pro Stunde angegeben. Kleine Asynchronmotoren können viel mehr Schaltungen (einige pro Sekunde) als grosse (einige pro Stunde) verkraften. Beim Betrieb mit einem Frequenzumrichter hat der Motor einen beschränkten Schlupf und kann viel häufiger geschaltet werden.

Wenn das Lastdrehmoment unterhalb der Nenndrehzahl grösser als das Nenndrehmoment des Motors ist (Zentrumswickler, Knetmaschinen, Exzenter ...), so ist ein Antriebssystem mit einer Kennline zu suchen, welches diesen Bereich abdeckt (Gleichstrom-Reihenschluss-Motor, fremderregter Gleichstrom-Motor mit Feldschwächung, Asynchronmotor mit Frequenzumrichter in der Feldschwächung, geschaltener Reluktanzmotor). Alternativ bleibt sonst eine veränderbare Getriebeuntersetzung oder eine entsprechende Überdimensionierung des Antriebssystems.

Der Preis eines Motors hängt von seiner Grösse und somit vom Nenndrehmoment ab. Die Drehmomentanpassung an die Last ist mit einem Getriebe meistens günstiger als mit einem grossen Motor. Ein Getriebe hat ein Reibungsmoment, welches von der übertragenen Leistung wenig abhängig ist. Der Wirkungsgrad eines Motors oder eines Getriebes bezieht sich auf die Nennleistung. Im Teillastbereich oder bei tieferen Drehzahlen ist der Wirkungsgrad schlechter.

 

Dynamische Antriebsauslegung

Als Ergänzung zu den Anforderungen bei der statischen Dimensionierung muss bei der dynamischen Antriebsauslegung eine bestimmte Drehzahl oder Position in einer vorgegebenen Zeit erreicht werden. Für die dazu notwendige Beschleunigung (oder Verzögerung) muss das Antriebssystem ein zusätzliches Drehmoment aufbringen. Je grösser die Beschleunigung ist, desto mehr Kraft ist erforderlich. In vielen dynamischen Maschinen braucht der Motor die meiste Kraft, um seinen eigenen Rotor zu beschleunigen.

Translatorisches System

Das translatorische System bezieht sich auf geradlinige (lineare) Bewegungen, wie sie Schlitten, Aufzüge, Kolben und andere Teile von Maschinen und Anlagen ausführen.

 

Die translatorische Bewegung

 

Die Grundeinheiten für das translatorische System sind der Weg s [m], die Zeit t [s] und die Masse m [kg]. Daraus lassen sich die Geschwindigkeit v [m/s], die Beschleunigung a [m/s²] und die Beschleunigungskraft F [N (Newton) = kgm/s²] ableiten. Im freien Fall mit einer Beschleunigung von etwa 10 m/s²nimmt die Geschwindigkeit pro Sekunde um 10 m/s zu.

 

Kinematik des freien Falls

 

 

Die Beschleunigungskraft ist (vereinfacht) das Produkt aus Masse mal Beschleunigung: F = a*m, oder genauer für veränderliche Massen: F = d(v m)/dt. Die Geschwindigkeit ist Weg durch Zeit: v = ds/dt, und die Beschleunigung ist Geschwindigkeit durch Beschleunigungszeit: a = dv/dt.

Rotatives System

Das rotative System bezieht sich auf Drehbewegungen wie sie in rotierenden elektrischen Maschinen, Getriebe, Walzen, Spindeln und Teilen von Maschinen und Anlagen vorkommen.

 

Die rotierende Bewegung

 

 

Die Einheit für den Winkel: rad (Radian), 1 rad = 1 Umdrehung / 2p (0.16 Umdrehungen oder 57.3 Grad) ist ungewohnt. Durch die Verwendung dieser Grösse können die Umrechnungsfaktoren bei der Berechnung weggelassen werden. Die Grundeinheiten für ein rotatives System sind der Winkel j [rad] und die Schwungmasse (Massenträgheitsmoment) J [kgm2]. Daraus lassen sich die Winkelgeschwindigkeit (Drehzahl) W [rad/s], die Winkelbeschleunigung a [rad/s2] und das Beschleunigungsmoment M [Nm] ableiten.

Bei der dynamischen Auslegung von Gelenken, Kurbeltrieben und ähnlichen Systemen ist bei der Berechnung der Beschleunigungsmomente die ausführliche Formel zu verwenden. Durch den veränderlichen Radius für die Bewegungsübertragung vom lineraren ins rotative System verändert sich die transformierte Schwungmasse mit dem Winkel und der Zeit.

M = d(J*W)/dt.

Ausführliche Formel zur Berechnung des Beschleunigungsmomentes

 

Schwungmasse und Getriebe

Das Massenträgheitsmoment J [kg*m²] für einen Vollzylinder mit Radius r [m], Länge l [m], Masse m [kg] und spezifisches Gewicht in [kg/m³] rechnet sich gemäss untenstehender Abbildung.

Die Schwungmasse eines Vollzylinder nimmt mit der vierten Potenz des Durchmessers zu.
Ein um 20% dickerer Zylinder hat die doppelte Schwungmasse.

Wenn zwei rotierende Körper über ein Getriebe miteinander verbunden sind, so wird die Schwungmasse mit dem Quadrat des Übersetzungsverhältnisses i transformiert. Eine optimale Anpassung ist gefunden, wenn die transformierte träge Masse der Last gleich gross ist, wie die des Motors.

 

Die Schwungmasse eines Vollzylinders

 

Riemengetriebe mit Übersetzung i

 

Transformation durch Getriebe

 

Von translatorischen in rotative Systeme

Die Umwandlung einer rotativen in eine translatorische Bewegung kann auf verschiedene Arten erfolgen: Kette, Zahnriemen, Seilzug, Zahnstange, Spindel, usw. Bei diesen Transformationen kann ein Rechnungsradius r [m] als Umrechnungswert angenommen werden. Bei den Übertragungselementen mit einer Abwicklung über den Umfang entspricht dieser Radius dem geometrischen Wert. Bei einer Spindel ist der Rechnungsradius die Spindelsteigung durch 2p.

 

Ein Schlitten wird über einen Seiltrommel gezogen

 

Winkel
j
=
s/r
Drehzahl
W
=
v/r
Winkelbeschl.
a
=
a/r
Drehmoment
M
=
s/r
Schwungmasse
Jres
=
J + m*r²

Transformation mit "Rechnungsradius" r

 

Leistung und Energie

Für die Berechnung der Leistung aus der Beziehung Drehmoment mal Drehzahl kann die Umrechnung mit 1 rad/s = 60/2p U/min = 9,55 U/min = ca. 10 U/min vereinfacht werden. Die verwendete Grösse für die Drehzahl n in Umdrehungen pro Minute ist etwa 10 mal grösser als die Grösse W in Radian pro Sekunde.

 

Vereinfachte Berechnung von Leistung, Drehmoment und Drehzahl

 

Grösse Symbol Einheit translatorisch rotativ

Leistung

P

W

F*v

M*W

Energie (dynamisch)

W

J

1/2(m*v²)

1/2(J*W²)

Energie (statisch)

W

J

F*s

M*j

Erdbeschleungigung

g

m/s²

9,81

 

Potentielle Höhe

h

m

 

 

Potentielle Energie

W

J

m*g*h

 

Leistung und Energie im translatorischen und rotativen System

 

Bewegungsabläufe

Für die Überwindung einer gegebenen Strecke s [m] in einer möglichst kurzen Positionierzeit tp gibt es 2 Möglichkeiten der Bewegungsoptimierung.
Zum einen kann eine minimale Beschleunigung, zum anderen auf eine minimale Leistung optimiert werden.

 

Größe Minimale Beschleunigung Minimale Leistung
Beschleunigungszeit tp/2 tp/3
Maximale Geschwindigkeit 2s/tp 1,5s/tp
Beschleunigung 4s/tp² 4,5s/tp²
Maximale Leistung 8m*s²/tp³ 6,75m*s²/tp³

Geschwindigkeit und Beschleunigung bei optimierten Bewegungsabläufen

 

Bewegungsdiagramme minimale Kraft

 

Bewegungsdiagramme minimale Leistung

 

 

Bei der Auslegung für die beiden Beispiele ist von der Positionierzeit von einer Sekunde eine Zehntelsekunde abgezogen worden. Je nach Steifigkeit des Regelsystems dauert es eine Zeit, bis sich der Antrieb und die Last auf die genaue Position ausgerichtet haben (Beruhigungszeit). Der Regler des Ansteuergerätes darf für eine genaue Positionierung nicht am "Anschlag" fahren. Für einen sauberen Bewegungsablauf sollte das maximale Drehmoment des Antriebssystems nur bis zu 90% ausgenützt werden.

 

Thermische Auslegung, Überlastung

Grundlage für die thermische Auslegung ist die Annahme, dass sich der Motor nur durch das Drehmoment erwärmt. Die Verluste im Motor sind proportional zum Quadrat des Drehmoments. Ein Betrieb mit dem halbem Drehmoment verursacht nur einen Viertel der Motorverluste, das doppelte Drehmoment die 4-fachen. Bei der Definition der Betriebsart S6 ist die Zeitdauer auf 10 Minuten festgelegt. Bei Motoren ab Baugrösse 73 (150 mm Durchmesser) ist diese Zeitkonstante ausreichend.

Die Betriebsart S6/60 beschreibt zum Beispiel eine Überlastung des Antriebes um 30% während 6 Minuten. In den übrigen 4 Minuten ist der Antrieb unbelastet (im Leerlauf).

Wenn sich ein Motor dauernd über die zulässige Temperatur erwärmt, reduziert sich seine Lebensdauer (die Wicklungslebensdauer ist ca. 100000 Stunden). Wenn besonders hohe Leistungen nur ausnahmsweise benötigt werden (zum Beispiel: Ventilator mit einer Betriebsart "Sturmlüftung" im Brandfall), kann es sich durchaus lohnen, einen 2. Motor zu installieren, welcher nur bei Bedarf eingeschaltet wird.

 

Antriebe dürfen kurzzeitig überlastet werden

 

 

Die meisten Antriebssysteme mit elektronischen Steuergeräten können den Motor auch bremsen. Bei Phasenanschnittgeräten für Gleichstromantriebe und bei einigen grösseren Frequenzumrichtern wird die Bremsenergie ins Netz zurückgespiesen. Bei Achsmodulen mit einem gemeinsamen Spannungszwischenkreis kann die Bremsenergie von den anderen Antrieben genutzt werden. In den anderen Fällen wir die Bremsenergie in einem Ballastwiderstand verheizt. Die Bremswiderstände sind meistens so dimensioniert, dass sie dauernd etwa 10 bis 20% der Nennleistung und kurzzeitig die maximale Leistung des Antriebssystems aufnehmen können. Die Bremswiderstände sollten ausserhalb des Schaltschrankes installiert werden.

 

Zusammenfassung

Grundlage der guten Dimensionierung ist das Kennen der Anforderungen, welche die Maschine an den Antrieb stellt. Ein Antrieb braucht nicht überdimensioniert zu werden, denn er kann seine Nennleistung dauernd abgeben. Bei komplexeren Antriebsaufgaben helfen Auslegungsprogramme wenig, denn die Berechnung macht den kleineren Teil der Arbeit aus. Die Auswahl der passenden Antriebskomponenten braucht die meiste Zeit. Bei einer guten Auslegung ist es wichtig, dass nach der Wahl bis auf den Prozess zurückgerechnet wird. Zur Kontrolle sollte über das Drehmoment und zusätzlich über die Leistung/Energie gerechnet werden. So kann vermieden werden, dass zum Beispiel für eine Aufgabenstellung, welche maximal 270 Watt Leistung erfordert, ein 5 Nm Motor mit 3000 U/min Nenndrehzahl und ein Verstärker mit 2-facher Überlastbarkeit (maximal 3 kW) eingesetzt wird.


Weiterführendes Beispiel

  

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