Theorie des ARCP-Umrichters

Hier soll ausführlich auf die Theorie des ARCP-Umrichters eingegangen werden. Die folgenden Erklärungen gelten für den stationären Betrieb des Umrichters. Es wird weiterhin angenommen, daß sämtliche Bauteile ideale elektrische Eigenschaften besitzen.

Die Schaltung

In Bild 1 ist der einphasige Zweig eines ARCP zu sehen.
Die beiden Kondensatoren Cd stellen den Gleichspannungszwischenkreis dar. Zwischen ihnen wird eine ohmsche induktive Last angeschlossen, die hinreichend induktiv ist, um bei den folgenden Erklärungen den Laststrom iL konstant zu halten.
Das Brückenzweigpaar TO, TU ist hier mit Insulated Gate Bipolar Transistoren (IGBT) ausgeführt. Sie sind die Hauptschalter des ARCP.

Jeweils antiparallel zu den IGB-Transistoren sind die Freilaufdioden DO, DU angebracht.
Parallel zu den Hauptschaltern ist der Resonanzkondensator Cr geschaltet. Seine Kapazität ist hälftig über ihnen aufgeteilt. Schaltungstechnisch gesehen ist immer der gesamte Wert wirksam.
Zum Umladen der Kapazitäten, bei einer Schalthandlung, wird eine Resonanzspule Lr benötigt die durch Schließen des Zusatzschalters Saux in den Kreis geschaltet wird und mit Cr den Schwingkreis bildet.
Der ARCP läßt sich im stationären Betrieb durch drei Schalthandlungen beschreiben, die im folgenden einzeln erklärt werden.
Von einem Einschaltvorgang spricht man, wenn der eingeschaltete Hauptschalter nach einer Schalthandlung auch tatsächlich den Laststrom iL führt, und nicht seine antiparallele Diode.
Im Gegensatz hierzu der Ausschaltvorgang, bei dem der Laststrom nach der Schalthandlung über die Freilaufdiode fließt.
Hierbei werden noch der einfache Ausschaltvorgang und der beschleunigte Auschaltvorgang unterschieden.

Der Einschaltvorgang

Das Bild 2 zeigt die Verläufe der relevanten Größen. Der Laststrom fließt in positiver Zählpfeilrichtung über die Freilaufdiode DU.
Der Hauptschalter TU ist leitfähig. Zum Zeitpunkt t0 soll die Ausgangsspannung ua ihr Vorzeichen wechseln, es soll der Schalter TO eingeschaltet werden. Hierzu muß die Kapazität parallel zu TO entladen werden, um den Schalter unter Nullspannungsbedingung verlustlos zu schalten.
Der Hilfsschalter Saux wird bei t0 geschlossen und an der Resonanzspule liegt die untere halbe Zwischenkreisspannung an. Der Resonanzstrom ir beginnt zunächst linear anzuwachsen. Zum Zeitpunkt t1 übernimmt der Resonanzstrom den Laststrom, die Diode DO ist stromlos. Nun könnte bereits eine Resonanz in Gang gesetzt werden. Der Resonanzkreis ist jedoch mit Verlusten behaftet, die für ein sicheres Umschwingen gedeckt sein müssen. Hierzu läßt man den Resonanzstrom über TU weiterhin linear anzuwachsen. Dieser zusätzliche Strom über den Hauptschalter ist der Booststrom Iboost. Er fließt durch die Resonanzspule und lädt den Schwingkreis mit einer Anfangsenergie vor.
Zur Zeit t2 wird TU gesperrt und eine Resonanz eingeleitet. Der Resonanzstrom verläuft in einer Sinusfunktion weiter.
Hierbei fließt er auf beide Resonanzkapazitäten auf. Die untere Kapazität wird auf-, die obere entladen. Die Ausgangsspannung schwingt in dieser Zeit als Ausschnitt einer Kosinusfunktion um.

Die obere Kapazität ist bei t3 vollständig entladen, der Resonanzstrom kommutiert auf die Diode DO, und der Schalter TO kann ohne Verluste geschaltet werden.
Da nun die obere Zwischenkreisspannung an der Resonanzspule anliegt, fällt der Resonanzstrom wieder linear ab. Der verbleibende Anteil des Booststroms fließt über DO in den Zwischenkreis zurück, und es findet ein Energietransfer in den Zwischenkreiskondensatoren statt.
Über diese Eigenschaft kann der Booststrom zur Korrektur evtl. auftretender Spannungsunsymmetrien genutzt werden. Sobald der Resonanzstrom unter das Laststromniveau sinkt, beginnt TO den Lastrom zu übernehmen. Zur Zeit t5 wird Saux unter Nullstrombedingung verlustlos geöffnet und der Einschaltvorgang ist abgeschlossen.
Beim Einschaltvorgang wird aus einem Freilauf der Diode auf den gegenüberliegenden Transistor geschaltet.
In hartschaltenden Umrichtern kommt es hierbei zu einem Brückenkurzschluß wegen des schlechten Rückwärtssperrverhaltens der Diode.
Dies kann beim ARCP nicht auftreten, da die Diode zum Einschaltzeitpunkt schon lange ihre Sperrfähigkeit erlangt hat. Es kommt zu keinen zusätzlichen Verlusten.

Der einfache Ausschaltvorgang

Der Lastrom fließt über den Hauptschalter TO, in positiver Zählpfeilrichtung.
Die Ausgangsspannung beträgt +Ud/2.
Zum Zeitpunkt t0 wird ein Umschaltbefehl gegeben. Der Hauptschalter TO kann sofort gesperrt werden. Die obere Kapazität ist zu dieser Zeit komplett entladen und über TO liegt keine Spannung an.
Nach Bild 3 verlöscht der Strom im Hauptschalter zum Schaltzeitpunkt t0 augenblicklich. Der Laststrom wird von der Induktivität im Lastkreis weitergetrieben und muß von den Resonanzkapazitäten abfließen. Die obere Kapazität wird hierbei in einem linearen Vorgang auf-, die untere entladen.
Ist der untere Kondensator zur Zeit t1 dann entladen, kommutiert der Lastrom auf die Diode DU.

Der beschleunigte Ausschaltvorgang

Der einfache Ausschaltvorgang findet dann seine Anwendung, wenn der Laststrom hinreichend groß ist, um den Umladevorgang in einer akzeptablen Zeit zu gewährleisten.
Ist der Laststrom zu klein, kann man den Ausschaltvorgang durch Zuhilfenahme des Resonanzkreises beschleunigen.
In Bild 4, fließt der Laststrom wieder in positiver Zählpfeilrichtung über den oberen Hauptschalter.

Zu Beginn des Schaltvorgangs, zur Zeit t0, wird der Hilfschalter Saux geschlossen. Der Resonanzstrom beginnt in negativer Zählpfeilrichtung über die Resonanzspule linear anzuwachsen.
Im Hauptschalter TO addieren sich Last- und Resonanzstrom. Dies ist der einzige Belastungsfall, bei dem der Hauptschalter durch den Resonanzstrom mehr belastet wird. Da dies jedoch nur bei kleinen Lastströmen stattfindet, muß der Hauptschalter nicht größer dimensioniert werden.
Zum Zeitpunkt t1 wird TO gesperrt, und die Resonanz verläuft völlig analog dem Resonanzvorgang wie beim Einschalten beschrieben. Bei t2 übernimmt die untere Diode DU den Laststrom und bei t3 kann der Hilfschalter wieder unter Stromnullbedingung verlustlos betätigt werden.

Jochen Mahlein